Infotext:
Paul Scheerbart war bekannt für seine sprachliche Virtuosität und stilistische Eleganz, die auch in seinen poetischen Werken deutlich zum Ausdruck kommen. Seine Lyrik ist geprägt von charakteristischer Ironie und Wortspielerei, die es ihm ermöglichen, tiefgründige Themen auf eine zugleich ernste und unterhaltsame Weise zu behandeln. Sein Stil zeichnet sich durch eine lebendige Bildsprache und metaphorische Dichte aus, die die verschiedenen Ebenen der Poesie – von der realen Welt bis zum Reich des Übernatürlichen – lebhaft erfahrbar machen.
„Es wird – hoffentlich! – nicht nötig sein, Scheerbart als Dichter vorzustellen. Obgleich seine Bücher, die es so sehr verdient hätten, keine hohen Auflagen erreicht haben und, wie es scheint, jetzt völlig vom Markt verschwunden sind, hat es doch eine Zeit gegeben, die dem humorvollsten Phantasten und dem phantasievollsten Humoristen der modernen deutschen Literatur wenigstens die platonische Anerkennung nicht schuldig blieb. Die Zeit aber, die diesen kosmischen Spötter als sich zugehörig erkennen wird, diese Zeit, daran zweifle ich nicht, wird noch kommen. Es wird die Zeit sein, die von Freiheit des Menschen und seiner Gedanken- und Gefühlswelt wissen und die hinter dem dröhnenden Lachen des Dichters, der seine philosophischen Romane auf dem Mond und dem Jupiter spielen lässt, den tiefsten sozialen Ernst heraushören wird.“ Erich Mühsam
Der Sprecher:
Andreas Mannkopff (* 17. Mai 1939 in Berlin; † 9. Oktober 2015 ebenda) erhielt seine Schauspielausbildung an der Kirchhoffschule. Zuerst wandte er sich jedoch dem Kabarett zu, er spielte u.a. am Düsseldorfer Kom(m)ödchen und an Heidelberger und Berliner Kabarett-Bühnen. Später war er an Berliner Theatern (u.a. Schloßparktheater) und Hamburger Bühnen zu sehen. Seinen ersten Kinofilm drehte er 1968: Das Geständnis eines Mädchens. Mit Klaus Kinski drehte er 1976 Jack the Ripper, danach folgten Filme wie Fabian (1980), Otto- der Film (1985) oder Samba in Mettmann (2004). Bekannt wurde Andreas Mannkopff vor allem aber durch Auftritte in Serien wie Direktion City, Café Wernicke, Patrick Pacard, Oliver Maass oder Die Wicherts von Nebenan. Seit den 1960er Jahren arbeitet er auch als Synchronschauspieler. Er hat seine Stimme u.a. Benny Hill (Die Benny Hill Show), John Candy (Spaceballs; Wer ist Harry Crumb?; Ein Ticket für Zwei) oder Kurt Russel (Elvis) geliehen. In Zeichentrickserien sprach er Lucky Luke oder Garfield. Bei der hoerbuchedition words and music debütierte Andreas Mannkopff mit den Hörbüchern „Aus dem Tagebuch eines Hundes“ von Peter Eckhart Reichel gefolgt mit der Hauptrolle des sächsischen Königs Ubu in dem Hörspiel „Ubu Rex Saxonia“ von Peter Eckhart Reichel, frei nach dem Theaterstück von Alfred Jarry. Am 9. Oktober 2015 starb Andreas Mannkopff im Alter von 76 Jahren nach schwerer Krankheit in Berlin. Seine letzte Ruhestätte erhielt er auf dem Waldfriedhof Dahlem.
Der Autor:
Paul Scheerbart (geb. 1863 in Danzig, gest. in Berlin 1915) war zeitlebens ein literarischer Einzelgänger. Er zählt mit zu den schrillsten und seltsamsten Schriftstellern in der an seltsamen und skurrilen Persönlichkeiten nicht gerade armen Literaturszene zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Er studierte zunächst Philosophie und Kunstgeschichte in Leipzig, Halle, München und Wien, bevor er sich als 24jähriger dauerhaft in Berlin niederließ. 1892 gründete er hier den »Verlag deutscher Phantasten«, arbeitete mit bei Herwarth Waldens expressionistischer Zeitschrift „Der Sturm“ und veröffentlichte 1889 seinen ersten Roman „Das Paradies. Die Heimat der Kunst“. Wie dieser verkünden auch seine weiteren Romane schon im Titel, was den Leser erwartet. So zum Beispiel „Ich liebe Dich! Ein Eisenbahnroman mit 66 Intermezzos“ (1897), „Ja…was… möchten wir nicht alles!“ oder „Na Prost!“ (1898), in dem drei Germanisten in einer Schnapsflasche durch das Weltall fliegen und die »seit Schopenhauer trübsinnige Literatur« mit »Na Prost!« kommentieren. Weitere Titel aus dieser Zeit sind „Rakkox der Billionär. Ein Protzenroman“ oder „Immer mutig! Ein phantastischer Nilpferdroman mit 83 merkwürdigen Geschichten“. Viele seiner »Romane« sind von erfrischender Kürze, der Rakkox beispielsweise ist gerade mal 22 Druckseiten lang. Für die damaligen Kritiker galt Scheerbart als Humorist, was er selber so kommentierte: »Aus Wut bin ich sogar Humorist geworden, nicht aus Liebenswürdigkeit.« Doch er war mehr: Als Lyriker nahm er die DADA-Bewegung vorweg, vor allem war er aber ein entschiedener Gegner von jeglichem Militarismus, ein gänzlich unpreußischer Preuße, der in seinen Werken die Stützen des preußischen Staates, Militär und Beamtentum verhöhnte. Mit Beginn des ersten Weltkrieges hörte jedoch für Scheerbart der Humor auf. War er doch noch 1909 in „Die Entwicklung des Luftmilitarismus und die Auflösung der europäischen Land-Heere, Festungen und Seeflotten“ davon überzeugt, dass die Schrecken des Krieges den Menschen die Lust am Kriegsführen endgültig ausgetrieben hätten. Jetzt sah er die völlige Fehleinschätzung dieser frühen Theorie vom »Gleichgewicht des Schreckens«. Ihm blieb nur noch der individuelle Protest gegen Kriegsbegeisterung und Völkermord. Seit Ausbruch des Krieges nahm er, der Epikureer, der nichts so sehr schätzte wie gutes Essen, gute Zigarren und ein gutes Bier, kaum noch Nahrung zu sich. Jedoch entgegen dem Gerücht, der erklärte Pazifist habe sich aus Protest gegen den 1. Weltkrieg zu Tode gehungert, starb Scheerbart 1915 an einem Schlaganfall.